Für eine nachhaltige Bodennutzung ist die Raumplanung ein wesentlicher Aspekt. Wir haben daher bei DI Chrisotph Prinz, Raumplaner und Bürgermeister der Stadtgemeinde Bad Vöslau nachgefragt, wie ein bewusster Umgang mit Boden in einer Stadt gelingen kann.
Durch die Instrumente der Raumplanung haben Sie Einfluss darauf, wo Böden Ihrer Stadt wie genutzt werden. Als Bodenbündnis-Gemeinde bekennen Sie sich dazu den nachhaltigen Umgang mit Böden zu fördern. Wie sehen die konkreten Maßnahmen diesbezüglich in Bad Vöslau aus?
Bad Vöslau bekennt sich im Bereich der Raumplanung zu einem überlegten und organisierten Bevölkerungswachstum, und damit auch zu einer Limitierung der Baulandflächen. Technische und soziale Infrastruktur und genauso die uns umgebende Natur müssen auch in einem dynamischen Siedlungsbereich in einen Speckgürtel „zusammen-wachsen“. Die Natur und der Boden brauchten oft länger als der Mensch es in nur wenigen Monaten wieder ändert.
Bad Vöslau setzt auf die Verdichtung im innerstädtischen Bereich und es wurde seit Jahren kein neues Wohnbauland gewidmet. Dies wird auch bei der derzeitigen Änderung des ROP (Raumordnungsprogramm) so fortgeführt.
Welche Vorteile bringt eine Innenstadtentwicklung im Gegensatz zu einer Zersiedelung?
Geringere Infrastrukturkosten, weniger Verkehrswege, damit weniger PKWs und LKWs und mehr “nicht motorisierter Verkehr”. Durch radfahr- und fußgängerfreundliche Maßnahmen wie Fußgängerleitsysteme, Abkürzungen, WEGE in der STADT, Radverkehrsförderung, mehr Fahrradständer im öffentlichen Bereich und ein verstärktes Angebot an Hotspots wie dem Bahnhof oder dem Rathaus können viele Wege mit dem Rad oder sogar zu Fuß erledigt werden. Wichtig ist, dass bspw. Kindergärten, Schulen, Ärzte oder Einkaufsmöglichkeiten in wenigen Minuten erreicht werden können.
Kommen wir zu den Grünräumen in Ihrer Stadt. Sie sind “Natur im Garten“-Gemeinde und verzichten damit auf Torf sowie chemisch-synthetische Pestizide und Dünger. Wie wird die nachhaltige Pflege Ihrer Grünflächen (und des dazugehörigen Bodens) umgesetzt und welche Tipps können Sie weitergeben?
Rasenflächen werden, wann immer es die Schnitthöhe zulässt, gemulcht, um den natürlichen Kreislauf und das Bodenleben zu fördern. Somit muss man keinen zusätzlichen Dünger mehr einsetzen. Bei den Staudenbeeten wird der Boden mit Komposterde verbessert und 2x im Jahr mit organischen Dünger gedüngt. Wesentlich ist das Mulchen, welches den Wasser- und Lufthaushalt reguliert und somit die biologischen Aktivitäten im Boden fördert. Hierbei ist zu beachten, dass es ein mehrjährig abgelegenes organisches Material mit ausgleichendem Stickstoffgehalt ist. Das Ergebnis ist ein frischer “humoser” Boden.
In Zeiten der Klimakrise können Grünflächen einer Stadt hinsichtlich des Mikroklimas – Stichwort “natürliche Klimaanlage”- eine bedeutende Rolle zukommen. Aufgrund von Starkregenereignissen ist auch das Thema der maximalen Regenwasser-Versickerung wichtig. Wie passt sich Bad Vöslau an die neunen Klima-Gegebenheiten an?
Viel häufiger als früher werden Verkehrsflächen nicht mehr zur Gänze versiegelt, sondern sickerfähig ausgeführt, an vielen Stellen dient die Regenentwässerung nur mehr zum Abführen von großen Regenmengen.
Entlang der meisten Straßenverläufe befinden sich zwischen Gehweg und Straße Grünstreifen anstatt versiegelter Flächen, damit das Wasser von Gehwegen dort versickern kann. Wir versuchen auch nach den technischen Vorgaben der STVO (Straßenverkehrsordnung) Grünflächen großzügiger zu gestalten. Dies reduziert das Tempo des MIV (motorisierter Individualverkehr) und gibt dem Boden und somit den Bäumen und Stauden mehr Raum, Luft und Wasser. Das ist gerade in Zeiten des Klimawandels besonders wichtig.
Im Zusammenhang mit Boden ist natürlich auch an die Landwirtschaft und in weiterer Folge an unsere Ernährung zu denken. Wie kann eine Stadt in diesem Bereich eine nachhaltige Entwicklung unterstützen?
Bad Vöslau betreibt Bodenschutz im landwirtschaftlichen Bereich z.B. durch die Pflege und Erhaltung von Hecken in der Landschaft. Es wird auf die große Bedeutung von strukturierten Grünlandflächen hingewiesen: Reduzierung der Erosion, Förderung der Biodiversität, Erhalt von Artenreichtum, Erarbeitung von Kulturlandschaftsprojekten, Erhalt von Trockenrasenflächen und Feuchtwiesenflächen. Immer mehr versuchen wir „das bekannte und traditionelle“ zu erhalten.
Zum Abschluss: Bei den SDGs (Sustainable Development Goals) geht es um eine globale nachhaltige Entwicklung. Erst auf den zweiten Blick sieht man vielleicht, dass wir durch unseren Lebensstil und unsere Wirtschaftsweise auch Auswirkungen auf Böden in anderen Teilen der Erde haben, indem wir deutlich mehr Fläche in Anspruch nehmen, als wir in unseren Ländern zur Verfügung haben. Haben Sie einen persönlichen Tipp, wie wir durch unser Konsumverhalten bzw. unsere Ernährung positiven Einfluss auf die Böden in anderen Teilen der Erde haben können?
Rücksicht ist oft auch ein Zeichen der Vorsicht – viele unserer Vorgänger nutzten und bearbeiteten die Böden mit dem nötigen Verständnis dafür, was sowohl für den Menschen als auch die Natur gut ist; so wie sie es selbst als Kinder erlernt hatten. Da kann man sich gerade als Bürgermeister einen guten und alten Vorschlag zum Lebensstil, der Nachhaltigkeit in sich trägt, zu Herzen nehmen.In meinem Verständnis ist es das gleiche Vertrauen in die eigene Region, die eigenen Produkte und vor allem in die Menschen, die uns umgeben. Dieses überlieferte Vertrauen müssen wir auch anderen auf unserer Erde zugestehen und auf sie hören, wenn sie uns davor warnen, Boden und Natur durch unser Konsumverhalten auszubeuten.
Vielen Dank für das ausführliche Interview und die Einblicke in die #bodenfreundlichen Maßnahmen in Bad Vöslau.