Weit im Nordosten Brasiliens liegt die unwegsame Halbwüste Caatinga. Eine karge Landschaft voller Leben und Überlebenskünstler. Doch der Klimawandel macht aus der ohnehin rauen Region eine Zone des ständigen Daseinskampfes. Das Wasser wird knapper, die Dürreperioden länger – und die Menschen, die hier leben, müssen sich neuen Herausforderungen stellen.
Die Caatinga ist ein einzigartiger Lebensraum, den es sonst nirgends auf der Welt gibt. 10-mal so groß wie Österreich, doch mehr als 50 Prozent dieser Region sind bereits von Zerstörung betroffen. 12 Prozent sind Wüstenlandschaft. Hier regnet es nur an vier Monaten im Jahr. Die Folge: In Caatinga verdampft mehr Wasser, als durch Niederschläge aufgefüllt wird, die Region wird immer trockener.
Judeniltons Mission
Judenilton Oliveira dos Santos Souza arbeitet für IRPAA und lebt in der Caatinga. Seit 33 Jahren setzt sich der Verein für die nachhaltige Nutzung der Region ein. „Man kann nicht gegen die Trockenheit kämpfen“, sagt Judenilton. „Man muss lernen, mit ihr zu leben.“ Die Regierung versuchte bis in die 1990er–Jahre erfolglos gegen die Trockenheit anzukämpfen. Doch erst das Umdenken hin zu einem Leben im Einklang mit der Natur brachte Fortschritte.
Wassermanagement als Schlüssel
Ein wesentlicher Faktor für das Überleben in der Caatinga ist die Speicherung und Verteilung von Wasser. 1999 startete eine NGO, die Gründungsmitglied des IRPAA war, ein beeindruckendes Projekt: Eine Million Zisternen sollten in der Halbwüste errichtet werden, um die Bevölkerung mit Wasser zu versorgen. Knapp 15 Jahre später war es so weit: 4,5 Millionen Menschen in der Caatinga haben dadurch Zugang zu sauberem Trinkwasser. Judenilton betont: „Es war eine Revolution für die Region und eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität.“
Diese Zisternen sind einfache, aber effektive Bauwerke, die im Schnitt 15.000 Liter Regenwasser auffangen und speichern können, sodass es während der langen Trockenperioden genutzt werden kann. Das Projekt hat dazu beigetragen, dass die Menschen in der Caatinga nicht mehr von teuren und unzuverlässigen Wasserlieferungen abhängig sind. Jede dieser 1.000.000 Zisternen ist ein Symbol dafür, dass es effektiver ist, mit der Natur zu arbeiten, anstatt gegen sie.
Der Klimanotfall
In Brasilien wird die Klimakrise als „Klimanotfall“ bezeichnet. Die Dauer der Trockenperioden nimmt zu, und der Regen fällt zunehmend in kürzerer Zeit. Dies führt dazu, dass der Boden das Wasser nicht aufnehmen kann. Trotz dieser Widrigkeiten arbeiten Judenilton und das IRPAA unermüdlich daran, das Bewusstsein für die Probleme der Region zu schärfen und in Abstimmung mit anderen NGOs und der Regierung Lösungen zu finden: „Unsere Arbeit ist nicht nur praktisch, sondern auch bildend“, erklärt Judenilton. „Wir wollen die Menschen über die Einzigartigkeit und die Probleme der Caatinga aufklären und dafür kämpfen, dass die Regierung mehr tut.“
Ein langer Weg nach vorn
Die Menschen in der Caatinga sind hart im Nehmen. Sie haben sich an das Leben in einer der extremsten Klimazonen der Welt angepasst. Jede errichtete Zisterne leistet einen essenziellen Beitrag dazu. Doch der Klimawandel stellt sie vor nie dagewesene Herausforderungen. Es braucht Zusammenhalt, politischer Unterstützung und internationale Kooperation, um den Fortbestand der Region und die Lebensqualität der Menschen zu sichern.
Judenilton bleibt trotz allem optimistisch: „Wir dürfen die Caatinga nicht aufgeben. Das ist unser Zuhause, und wir werden alles tun, um sie trotz der anhaltenden Trockenheit im Einklang mit der Natur als Lebensraum zu erhalten.“ Seine Worte spiegeln die Entschlossenheit einer ganzen Region wider, die trotz widrigster Bedingungen an ihrem Zuhause festhält. Die Zukunft der Caatinga hängt davon ab, wie schnell und effektiv die Anpassungsstrategien umgesetzt werden. Doch eins ist sicher: Die Menschen hier werden weiterkämpfen – für ihr Land, ihr Leben und ihre Zukunft.