In der Theorie klingen Elektrofahrzeuge bereits seit einigen Jahren nach einer guten Lösung für unser Mobilitätsproblem. E-Autos fahren emissionsfrei. Das steht außer Frage. Für große Diskussionen sorgt die Herstellung und die Entsorgung der Akkus dennoch. Hier müssen wir ein Auge auf einen umwelt- und sozialverträglichen Ressourcenabbau werfen und uns für EU-weite Richtlinien für die Wiederverwertung und das Recycling einsetzen. „In der Praxis werden die klimaschädlichen Batterien in Österreich leider nicht so verwertet, wie man sich das wünschen würde“, erzählt uns Harald Buchner. Er leitet seit 25 Jahren das KFZ-Ersatzteilcenter Buchner in Behamberg (NÖ) und hat in den letzten Jahren vermehrt mit der Verwertung von E-Auto-Akkus zu tun. Wir haben ihn um seine Geschichte gebeten.
Warum liegt dir die Autobranche so sehr am Herzen?
Das schreibe ich meinem Vater zu. Er brachte mich schon als Kind auf den Geschmack. Ich wuchs auf einem Bauernhof auf. Wenn unsere Landmaschinen Pflege und Reparaturen brauchten, war ich stets zur Stelle, um zu helfen. Unseren Betrieb im Mostviertel gibt es nun schon seit den 70ern. Als ich älter wurde, die HTL abschloss und meinen Wehrdienst beendete, habe ich die alte Liebe wiedergefunden und den Betrieb von meinem Vater übernommen. Heute stehe ich nach 25 Jahren immer noch jeden Tag auf und arbeite an meinem Traum. Bei KFZ Buchner wollen wir leistbare Mobilität für alle schaffen. Aktuell sorgt Corona leider dafür, dass die Menschen wieder weniger Geld im Börsel haben. Geprüfte Gebrauchtersatzteile und leistbare Werkstatt-Tarife schonen den Geldbeutel und die Menschen können etwas Gutes für die Umwelt tun. So helfen wir Mensch und Natur.
Woher kommen die Ersatzteile?
Wir beziehen unsere Ersatzteile zu großen Teilen aus verunfallten Fahrzeugen und „End of Life Vehicles“, also Fahrzeugen, die keiner Pickerl-Überprüfung mehr standhalten. Gemeinsam mit unseren Partnern recyceln wir über 97 % der Autos, die auf unseren Hof rollen.
Wie geht ihr mit Elektrofahrzeugen um?
Wir sind, soweit ich weiß, der einzige Verwerter in Österreich, der überhaupt E-Autos entgegennimmt. Die besondere Herausforderung der Fahrzeuge ist der Akku. Lithium-Ionien-Batterien sind leicht entflammbar. Für das Recycling ist das selbst im Fall einer unbeschädigten Batterie eine unglaublich große Aufgabe. Rechtlich ist es so geregelt, dass die Autohersteller ihre Akkus zurücknehmen müssen. Die Praxis sieht leider anders aus.
Die Akkus der Fahrzeuge werden im Regelfall nach etwa 8 Jahren getauscht – das entspricht ca. 1500 bis 2500 Ladezyklen. Die Akkus haben dann immer noch einen Energieinhalt von 70 bis 80 Prozent ihrer ursprünglichen Kapazität. Es ist deshalb weder ökonomisch noch ökologisch sinnvoll, sie in diesem Zustand zu entsorgen. Ganz im Gegenteil: Die Akkus können im sogenannten „Second Life“ im stationären Betrieb weiterverwendet werden. Der stationäre Betrieb hat den Vorteil, dass die Batterie weit weniger gestresst wird als im Auto. Der Betrieb verläuft deutlich gleichmäßiger und das Laden und Entladen erfolgt nur langsam, also deutlich schonender für die Batterie. Im Second Life können die Akkus noch etwa 10-12 Jahre als Energiespeicher für PV-Anlagen, als Pufferspeicher oder als Energiespeicher für Privathaushalte verwendet werden, bevor sie schließlich nach rund 20 Jahren Betrieb recycelt werden.
In so einem Akku stecken nämliche jede Menge wertvoller Stoffe. In einer 50 kWh-Batterie finden sich gut und gerne 6 kg Lithium, 10 kg Mangan, 11 kg Kobalt, 32 kg Nickel und 100 kg Graphit. Das lohnt sich also. Der Weg, den wir aktuell in der Praxis gehen müssen, ist leider ein anderer. Entsprechende Recyclingunternehmen, die mit den Akkus umzugehen wissen, gibt es hier in Österreich noch nicht. Damit hat sich bisher noch niemand auseinandergesetzt. Stattdessen verweigern Autohersteller die Rücknahme von Akkus und wir Verwerter sind auf uns gestellt. Diese Lücke muss sich dringend füllen.
Wie wählt ihr eure Ersatzteile aus?
Die Teile werden bei uns im Haus getestet. Wir verbinden dafür zuerst einen Computer mit dem Auto und lesen die Elektronik aus. Das verrät uns, wo Schäden vorhanden ist. Unsere Fachleute testen im Anschluss alle Teile systematisch durch, werten sie ggf. auf und erstellen eine Liste mit defekten teilen, die nicht mehr an Kunden weitergegeben, sondern recycelt werden. Zu guter Letzt Katalogisieren und nummerieren wir alle Teile, machen Fotos und laden sie in unseren Webshop.
Warum bezeichnest du deinen Ansatz als vorbildlich?
Wir retten noch gute Ersatzteile aus Unfallautos, werten diese auf und verwenden sie wieder. Dadurch reduzieren wir jede Menge neuer Ersatzteile. Das spart wertvolle Ressourcen und entlastet die Müllhalde. Dieser ökologische Vorteil findet sich auch in unseren Preisen wieder. So machen wir umweltfreundliche Reparaturen für alle erschwinglich. Das eigene Auto ressourcenschonend reparieren zu lassen, muss also nicht teuer sein und der günstige Preis hilft uns, mehr Menschen dafür zu begeistern. So retten sie die Umwelt und tun was Gutes fürs Börserl.
Welche Maßnahmen und Unterstützungen braucht es deiner Meinung nach, damit Unternehmen Nachhaltigkeit im Geschäftsmodell verankern und vor allem umsetzten?
Natürlich kann man vieles „von oben“ steuern und beeinflussen. Ich denke aber der wichtigste Faktor ist der Konsument! Jeder Griff ins Regal ist eine Entscheidung und beeinflusst die Produktion. Die Geschäftsinhaber*innen direkt nach nachhaltigeren Produkten zu fragen, sofern nicht vorhanden, wäre überaus wichtig. Die „Macht“ der Konsument*innen ist groß und sie wird hoffentlich immer öfter im Sinne der Nachhaltigkeit genutzt.
Die gesetzliche Situation in Österreich ist bereits sehr scharf geregelt. Nach und nach sterben Verwertungsbetriebe aus, weil sie die hohen gesetzlichen Anforderungen der letzten Jahre nicht mehr erfüllen können. Die umweltfreundliche Autoverwertung ist ein hartes Pflaster, aber ich möchte weiterkämpfen. Viel wichtiger wäre es für uns, dass die Bevölkerung unsere Dienste mehr in Anspruch nimmt. Noch immer gehen zwei Drittel der Unfallfahrzeuge ins Ausland. Das schlägt eine Lücke. Da fehlen uns viele Rohstoffe, die wir in Österreich verwerten hätten können. Mehr Werbung, um die Kund*innen zu motivieren, unser günstiges All inclusive Angebot anzunehmen wäre bestimmt eine gute Sache. Wir haben uns über Jahrzehnte Know-how aufgebaut und die Verwertungsarbeit muss am Ende des Tages irgendjemand übernehmen.
Wir reisen, natürlich klimafreundlich, fünf Jahre in die Zukunft: Auf welche schönen Ereignisse kannst du mit deinem Handwerk zurückblicken?
Es sind vor allem die Momente, in denen Kund*innen unsere Dienste in Anspruch nehmen und mit einem Lächeln unsere Werkstatt verlassen. Wenn Menschen mir sagen, es sei ein Wahnsinn, dass wir das noch geschafft haben, das hätten sie nie gedacht. Die meisten Kund*innen wissen nicht, was sie nach einem Umfall tun sollen. Sie bedanken sich, dass wir ihnen ab der ersten Minute nach dem Unfall so professionell geholfen und menschlich unterstützt haben.