Was haben Gender- und Klimapolitik gemeinsam? Beides sind Querschnittsmaterien und für die Umsetzung braucht es eine Portion Durchhaltevermögen. In einer Online-Austauschrunde spannten Ulrike Röhr (Gender CC und Genanet) und Beatrix Hausner (ÖGUT- Gender & Diversität) den Bogen vom ersten Gender-Arbeitsprogramm bis hin zu konkreten Vorzeigeprojekten.
Wie alles begann
Parallel zur ersten Weltklimakonferenz 1995 in Berlin fand eine Frauenkonferenz mit dem Titel „Solidarität im Treibhaus“ statt. Zwischen den Konferenzen gab es jedoch keinen inhaltlichen Austausch. Erst 2007 wurden die Themen Gender und Klima zusammengedacht und sieben Jahre darauf wurde in Lima das erst Arbeitsprogramm dazu verabschiedet. Mittlerweile gibt es bereits zwei Gender-Aktionspläne, die Regierungen behilflich sein sollen, genderbewusste Klimapolitik umzusetzen. Quelle: Ulrike Röhr, Vortrag beim Kick-Off gleich.wandeln am 15.6.2021
Genderbewusstsein führt zu mehr Klimabewusstsein
„Eine Untersuchung der Verbindungen zwischen dem Gleichstellungsstatus und der Höhe des Carbon Footprints in mehr als 100 Ländern aller Weltregionen zeigt, dass nach dem Bruttosozialprodukt die Gleichstellung der Geschlechter der Faktor mit den größten Wirkungen auf die Minderung von CO2-Emissionen ist.“
(Vgl. Christina Ergas/Richard York, Women’s Status and Carbon Dioxide Emissions: A Quantitative Cross-National Analysis, in: Social Science Research 4/2012, S. 965–976.)
Ähnliche Ergebnisse liegen aus Skandinavien vor, wo Gemeinden mit einem guten Wert beim Genderbewusstsein auch die besseren Werte bezüglich des Engagements in der Klimapolitik haben.
(Vgl. Umweltbundesamt Deutschland, Interdependente Genderaspekte der Klimapolitik, , S. 76)
Weitere Aspekte wie Klimaschutz und Gleichstellung zusammenhängen, können Sie hier nachlesen.
Genderdimensionen in der Klimapolitik
Ob Maßnahmen positive oder negative Auswirkungen auf die Geschlechtergleichheit haben, kann man sie mit dem Instrument der Genderdimensionen überprüfen. Die Genderdimensionen fungieren also als eine Art Suchscheinwerfer, mit denen wir Ursachen und strukturelle Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern analysieren können.
Ein Beispiel zum besseren Verständnis: Etabliert man Maßnahmen zur CO2-Einsparung im Haushalt ist es wichtig darauf zu achten, wer für die Versorgungsarbeit in Haushalten zuständig ist. (Wer erledigt den Einkauf, ist verantwortlich dafür was gekocht wird oder bringt die Kinder zur Schule). Für wirkungsvolle Maßnahmen, müssen die unterschiedlichen Alltagsroutinen und daraus resultierenden Anforderungen bei der Maßnahmen-Empfehlung berücksichtigt werden.
Werden beispielsweise neue Busverbindungen geplant, damit die Bevölkerung auf die öffentlichen Verkehrsmittel umsteigt, muss genügend Platz für Kinderwägen und Rollstühle eingeplant werden. Nur wenn die neue Infrastruktur den Anforderungen der Bevölkerung entspricht, wird sie diese auch annehmen. Für genderbewusste Klimapolitik ist es ebenfalls relevant, die unterschiedliche Betroffenheit zu erkennen. Zum Beispiel nimmt die Versorgungsarbeit aufgrund der gesundheitlichen Verschärfungen des Klimawandels (Stichwort Hitzesommer) zu.
Geschlechtergleichstellung in der Praxis
Ulrike Röhr kam auch auf die Wort- und Bildsprache zu sprechen. Denn es macht einen Unterschied ob wir rund um die PV-Anlage nur Männer abbilden, oder ob auch Frauen aktiv an der Installation beteiligt sind. Bei der Bildauswahl sollte man immer darauf achten Männer und Frauen nicht in ihren Rollenklischees darzustellen. Am besten stellt man sich die Frage: Wie fühlen sich alle Geschlechter angesprochen?
Ulrike Röhr dazu weiters: „…. und gleiches gilt für die Sprache, denn die ausschließliche Nutzung des generischen Maskulinums […] hat Einfluss auf die Bilder, die wir im Kopf haben. Also, wenn da steht der Ingenieur macht das, dann ist der Ingenieur in unseren Köpfen männlich – da führt einfach kein Weg dran vorbei – das sind die Bilder, die damit induziert werden.“
Die richtige und genderbewusste Wort- und Bildsprache ist für die Akzeptanz von Klimaschutzmaßnahmen wesentlich. Natürlich geht es auch um die Inhalte und worum noch?
Das erzählt Ihnen Frau Röhr an einem ganz konkreten Beispiel:
Vielfalt schafft Entwicklung
Zielgruppen genau zu analysieren und die unterschiedlichen Ansprüche zu kennen ist für politische Entscheidungsträger*innen und natürlich auch für die Klimaschutzpolitik ein wichtiger Erfolgsfaktor. Leider hört die Einbindung der verschiedenen Anspruchsgruppen oft bei der Analyse auf. Dabei wäre es besonders wichtig, auch bei der Entwicklung von Projekten und Maßnahmen die Vielfalt der Gesellschaft abzubilden. Die Vielfalt fängt beim Geschlecht an, geht über das Alter, die Herkunft bis hin zu sozialen Schichten.
Das Fazit unserer zwei Expertinnen: Gleichstellungsmaßnahmen führen zu mehr Vielfalt, stärken Teams und schaffen wirkungsvolle Klimaschutzmaßnahmen.
Weiterführende Infos:
- https://www.femtech.at
- Präsentation Ulrike Röhr: Gender und Klimapolitik
- Präsentation Beatrix Hausner: Geschlechtergleichstellung & Klima