Frau Josinta Kabugho lebt und arbeitet am Fuße des Rwenzori – Gebirges in Uganda. Ein Gebiet, das wegen seiner hohen ökologischen Bedeutung heute Teil des UNESCO Weltnaturerbes ist. Im Herzen Afrikas, im Grenzgebiet zum Kongo, dort wo die besten Arabica Kaffee-Bohnen wachsen. Frau Kabugho ist Geschäftsführerin der Bukonzo Organic Farmers Cooperative Union BOCU. Einer Bio– und FAIRTRADE– zertifizierten Kaffee – Bauernkooperative mit 3000 Bäuerinnen und Bauern.
„In Uganda ist es normal geworden, als Frau einen Betrieb zu leiten“, meint die Managerin. Aber das Problem ist immer noch ein traditionelles und kulturell geprägtes Verständnis, wie die Familien und die Rollen der Frauen aussehen sollen. Frauen werden in der Bildung leider noch immer benachteiligt. Daher haben sie eine schlechtere Startposition und bekommen weniger Unterstützung, um einen Beruf mit Führungsposition zu erlernen. Aber es ist mittlerweile üblicher geworden, dass es auch weibliche Chefinnen gibt.
„Ich bin in einer Kaffee-Bauernfamilie aufgewachsen. Als Kinder waren wir von klein auf dabei, es machte aus mir, was ich bin“, sagt Frau Kabugho. Alles war vom Kaffeeverkauf abhängig und alle Familienmitglieder mussten sich um die Kaffeeproduktion und -ernte kümmern. Das gab ihr den Ehrgeiz selbst ins Kaffeegeschäft einzusteigen, um auch mitentscheiden und gestalten zu können. Diverse Ausbildungen in den Bereichen lokale Verwaltung und Menschenrechte, Organisations- und Qualitätsmanagement, Bio-Landbau und Wertschöpfungsketten haben Frau Kabugho zu einer Expertin gemacht. Seit 2009 ist sie nun Geschäftsführerin der Genossenschaft BOCU und leitet „Josinta Kabugho“ eine Kooperative mit 3000 Menschen. Wichtig sind ihr der Blick aufs Ganze und ein vertrauensvoller Führungsstil. „Ich habe gelernt, dass das Vertrauen der Leute allmählich kommt, wenn du stabil in deinen Positionen bist und bleibst“, ist die Managerin von der Kontinuität ihrer Arbeit überzeugt.
Rollenbilder aufbrechen
Frau Kabugho ist Alleinerzieherin zweier Töchter. Ihre Situation meistert sie mit strikter Planung. Natürlich beinhalten diese Herausforderungen auch innere Konflikte, wenn die eigene Erwartung an die Rolle als Mutter und die Rolle als Geschäftsführerin nicht immer gleichermaßen erfüllt werden können.
Gerne beschäftigt sich Frau Kabugho auch mit politischen Themen wie den nachhaltigen Entwicklungszielen und damit, wie beispielsweise die Geschlechtergleichstellung verwirklicht werden kann: „Die Leute müssen verstehen, dass es keinen Grund gibt, weder in Uganda, in Afrika oder auf der ganzen Welt, warum es keine Gleichstellung der Geschlechter geben soll. Die Art wie wir leben und unsere Kultur der Traditionen sollte sich ändern. In Zukunft sollten wir bereit sein, ein anderes System zu leben, ohne aufgezwungene Rollen der Geschlechter. Speziell für Frauen muss sich noch viel ändern. In der Kooperative demonstrieren wir die Gleichstellung im Sinner der Nachhaltigkeitsziele, denn Frauen sind bei uns stark in führenden Positionen vertreten. Drei von sieben Vorstandsmitglieder sind weiblich.“
Die Kleinbauern – Kooperative BOCU umfasst 11 primäre Genossenschaften, sie pflanzen hochwertige Bio – Arabica Hochlandbohnen an und setzen sich für einen achtsamen Umgang mit den natürlichen Ressourcen ein. Bio-Landbau ist dafür die Basis. Zusätzlich engagiert sich die Kooperative für den Bau von Holzsparöfen. Das nützt besonders Frauen und Kindern. “Damit reduzieren wir den Verbrauch von Feuerholz und die gesundheitsschädliche Rauchentwicklung in den Häusern,“ erklärt die Geschäftsführerin. BOCU beschäftigt sich damit, wie das wirtschaftliche Einkommen der Mitglieder verbessert werden kann. Die Kleinbauernfamilien haben zwischen 0,5 bis 3 Hektar Land und nur gemeinsam können sie ihre Lebenssituation verbessern. Deshalb achten sie darauf, wie sie entlang des Kaffeemarktes innovativ sein können. Das geschieht mit nationalen und internationalen Partnerschaften. So ist BOCU seit 2013 FAIRTRADE-zertifiziert und hat auch eine Partnerschaft mit der österreichischen EZA Fairer Handel GmbH. Daraus entstand der „Coffee for Future“ der u.a. in den österreichischen Weltläden verkauft wird.
Herausforderung Klimakrise
Die Kaffeekooperative wird von der EZA mit einer zusätzlichen Klimaprämie unterstützt, damit wurde die Anschaffung der Holzsparöfen möglich. Mit der FAIRTRADE-Prämie wurde z.B. die Wasserversorgung durch Wasserleitungen für die gesamte Gemeinschaft der Kaffeebauern verbessert. Aber auch im Rwenzori – Gebirge ist der Klimawandel eine große Herausforderung. In den letzten Jahren häuften sich extreme Wetterverhältnisse, starke Regenfälle und extreme Dürrezeiten wechselten sich ab. „Wenn gegen den Klimawandel nichts getan wird, wird es in den 2030er Jahren keinen Kaffee mehr vom Rwenzori – Gebirge geben“, zeigt sich Frau Kabugho besorgt. Für das Geschäft mit dem Kaffee ist natürlich die Qualität von größter Bedeutung. „Wenn wir nicht mit Klimaschutzmaßnahmen reagieren, wird die Kaffeequalität sinken und sinken und sinken“, weiß die BOCU Geschäftsführerin. Deshalb wurden 56 000 verschiedenste Pflanzen zur Mischkultur angebaut. So haben die Kaffeekulturen genügend Schatten um nicht in der Hitze der Sonne zu verbrennen. Regelmäßig wird der Boden auf seine Beschaffenheit, sowie der Wasserstand kontrolliert, und die Bäuerinnen und Bauern bekommen Schulungen, wie sie die ökologischen Richtlinien vorbildlich einhalten.
Über die Kaffee-Verrücktheit der Österreicher*innen
Im Herbst 2019 war Josinta Kabugho auf Einladung der EZA Fairer Handel GmbH zu Besuch in Österreich. Neben einer Tour in Schulen und Betrieben war sie auch zu Gast bei der Weltladenkonferenz, wo der „Coffee for Future“ präsentiert wurde. „Mir ist aufgefallen wie wichtig Kaffee in Österreich ist, wie die Menschen das Kaffeetrinken zelebrieren, und ich habe mich gefragt, was wohl in diesem Kaffee drinnen sein könnte“ meinte die Kaffee – Expertin augenzwinkernd über die „Kaffee – Verrücktheit“ der Österreicher*innen. Natürlich ist ihr auch unser Lebensstil aufgefallen: „Bei euch wird das soziale Leben durchgeplant, was zum Wochenende unternommen wird, wo die Familie hingeht, wie die Freizeit gestaltet wird und was es zu erleben und zu konsumieren gibt. Wir verwenden kein Geld für soziale Aktivitäten, weil wir es einfach nicht haben, oder weil es uns nicht so wichtig ist. Am wichtigsten ist uns wohl die Gemeinschaft!“
Dieser Beitrag entstand aus einem Video – Interview mit Thomas Wackerlig (FAIRTRADE Gemeinden) und Josinta Kabugho im März 2021.