Ist Corona weiblich?

Sie können es nicht mehr hören? Erstmal die gute Nachricht: Sie sind nicht alleine. Denn die Pandemie-Müdigkeit geht wie ein zweiter Virus um die Welt. Immer wieder stellen wir uns die Fragen: Wie lange muss ich noch durchhalten? Geht es anderen genauso? Wann ist endlich alles wieder normal?

Aber wollen wir (Frauen) dieses „normal“ wieder zurück? Bereits 2015 haben sich die Vereinten Nationen im Rahmen der Agenda 2030 zum Ziel gesetzt, die Gleichstellung der Geschlechter zu erreichen. Werden wir dieses Ziel trotz Pandemie erreichen und gelingt uns die Gestaltung einer neuen gleichberechtigen Normalität?

Wir haben uns für diesen Blog angesehen, wie sich die Krise auf Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern auswirkt.

Foto: Cottonbro von pexels

Systemrelevante Berufe im Fokus

Schon im Frühjahr 2020 wurde deutlich, dass vor allem Frauen unsere Gesellschaft am Laufen halten: Pflegerinnen in Krankenhäusern bzw. Altenheimen, Kassiererinnen im Supermarkt, Betreuerinnen in den Bildungseinrichtungen oder Reinigungskräfte. Weltweit sind ca. 70 % des Personals in Sozial- und Pflegeberufen Frauen. Weiters leisten Frauen im Vergleich zu Männern dreimal mehr unbezahlte Sorgearbeit.

In Österreich sieht die Verteilung ähnlich aus, hier sind 2/3 der Personen in systemrelevanten Berufen weiblich. Die Menschen in diesen Berufen mussten und müssen sich einem hohen gesundheitlichen Risiko und einer starken psychischen Belastung aussetzen und das meist bei geringem Einkommen und schweren Arbeitsbedingungen (bspw. Schichtdienst oder körperliche Anstrengung).

Krisen verstärken Ungleichheiten

„Krisen verstärken alle existierenden Ungleichheiten. Dies trifft auch auf die durch Covid-19 ausgelöste Krise zu.“ (unwoman.de)

Wir haben hier ein paar Eckpunkte aufgelistet, an denen man die Komplexität des Themas erkennen kann. Da wir im Sinne der SDGs denken, haben wir bewusst auch ein Augenmerk auf globale Aspekte und Herausforderungen geworfen.

  • Mehrfachbelastungen: Durch die Covid-19 Pandemie wird die klassische Rollenverteilung weiter zementiert. Frauen können durch die zusätzlichen Aufgaben, wie Betreuung im Homeschooling oder Pflegearbeit, nicht mehr in vollem Umfang ihrer bezahlten Arbeit nachgehen. Sie stehen unter großem Druck und mehrere Aufgaben sind zeitgleich zu meistern. Mittelfristig gesehen zieht das ökonomische Konsequenzen mit sich bzw. hat – auch in Kombination mit tiefgreifenden Ängsten und Sorgen – negative Folgen für die Gesundheit und das Wohlbefinden.
  • Arbeitslosigkeit: Vor allem Angestellte im Einzelhandel, Gastgewerbe oder Tourismus sind von Entlassungen im Zuge der Covid-19 Pandemie betroffen. In diesen Sektoren sind Frauen überrepräsentiert. „Nach Pandemien und Krisen brauchen Frauen meist erheblich länger, um in Erwerbstätigkeit zurückzufinden, als Männer.“ (unwoman.de)
  • Absicherungen: Dazu kommt, dass weltweit Frauen zu einem großen Teil im informellen Sektor und in prekären Beschäftigungsverhältnissen arbeiten. Das bedeutet Absicherungen durch Unfall-, Kranken- oder Arbeitslosenversicherungen sind nicht selbstverständlich.
  • Alleinerziehende: Von 2014 bis 2016 waren während der Ebola-Epidemie in Westafrika stark alleinerziehende Frauen, viele von ihnen selbstständig, betroffen. Aufgrund der Ausgangssperren verloren diese Frauen ihre wichtigste Einkommensquelle, den Verkauf der selbst hergestellten Waren. Auch Covid-19 stellt durch die Mehrfachbelastungen Alleinerziehende vor große Herausforderungen.
  • Schulschließungen: 1,5 Milliarden Kinder, davon sind 743 Millionen Mädchen, gingen bzw. gehen während der Lockdowns nicht in die Schule oder in Universitäten. Online-Unterricht ist nicht überall möglich. Oft fehlt das Verständnis für die Bedeutung der Bildung, der Zugang zu IT-Geräten oder Internet. Die finanzielle Notlage führt oft dazu, dass Mädchen zum Einkommen beitragen, im Haushalt helfen oder auf Geschwister aufpassen müssen. Die Bildung rückt dann leider in den Hintergrund und Entwicklungschancen werden verhindert.
  • Zwangsheiraten:  Als weiteres Risiko wird die Zunahme von Zwangsheiraten gesehen. Denn wenn es Familien wirtschaftlich nicht gut geht, wird oft der Weg der schnellen Heirat gesucht. Die Hoffnung ist, dass der neue Ehepartner die Tochter besser versorgen kann. Ein Weg zurück in die Schule ist für die jungen Mädchen meist ausgeschlossen und die finanzielle Abhängigkeit steigt an.
  • Armut & Hunger: Leider ist es noch immer so, dass in manchen Kulturen Mädchen erst essen dürfen, wenn Brüder und Väter fertig sind. Diese prekäre Situation wird durch die Schulschließungen noch verschärft, denn oft gibt es in der Schule die einzig nahrhafte Mahlzeit für armutsbetroffene Kinder.
  • Gewalt: Finanzielle Sorgen und die Einschränkung der Bewegungsfreiheit führen zu Stress und einem deutlichen Anstieg von häuslicher Gewalt. Leider ein globales Phänomen. Weiters wurden Schutzmaßnahmen für Frauen vor Gewalt in vielen Ländern eingeschränkt, z.B. wurden Frauenhäuser und Beratungsstellen geschlossen.

Gleichstellung sichtbar machen

Die Punkte zeigen uns, dass sich Ungleichheiten während Krisen vergrößern. Das trifft aber selbstverständlich nicht nur Frauen, sondern auch Menschen anderer Geschlechter, Black and People of Color, Menschen mit Behinderung oder arme Menschen. Die Aufgabe von Politik und Gesellschaft ist, diese Ungerechtigkeiten abzufedern.

Frauenpower für Klima und SDGs

Mit dem Projekt setzen wir heuer einen Fokus auf SDG 5, welches die Gleichheit der Geschlechter zum Ziel hat. Und weil mit der Klimakrise eine weitere Herausforderung auf uns wartet, verbinden wir Gleichstellungsfragen mit dem Klimaschutz. In den nächsten zwei Jahren präsentieren wir vorbildhafte Menschen, die sich für eine gerechte und nachhaltige Welt einsetzen.

Quellen: