Frau Gerti Pegler lebt mit ihrer Familie in Starnwörth, nur wenige Kilometer nördlich der Stadt Tulln. Hier gibt es für den Weinanbau beste Bedingungen, und so ist es nicht überraschend, dass die Peglers auch Weinbäuer:innen sind. Überraschend ist allerdings die Art und Weise, wie Gerti ihre Leidenschaften zum Beruf gemacht hat.
Herausforderung in jungen Jahren
Gerti Pegler und ihr Mann, der Jungbauer Christoph Pegler, haben schon in ihrer Jugend geheiratet. Mit 20 Jahren wurde sie Mutter ihres Sohnes und kurz darauf war die Familie mit der Geburt der Tochter komplett. So sind sie gemeinsam schon sehr früh ins Erwachsensein gestolpert und haben schnell gelernt, Verantwortung zu übernehmen.
Die junge Gerti Pegler hat in einen landwirtschaftlichen Betrieb eingeheiratet. Zuckerrüben und Getreide wurden angebaut und verarbeitet, sie hat sich schnell integriert, den Traktorführerschein abgelegt und war mit der landwirtschaftlichen Arbeit in kurzer Zeit gut vertraut. Als junge Mutter von zwei Kindern hat Gerti gleichzeitig im Lebensmittelhandel gejobbt, jahrelang eine Verwandte in Vollzeitpflege betreut und sich gemeinsam mit ihrem Mann voll in die Arbeit des eigenen Betriebes gestürzt. Das war zu dieser Zeit weit mehr als die klassische Doppelbelastung: Haushalt, Kinder, Jobs, Pflege und Landwirtschaft!
„Es war immer viel Arbeit, aber das hat mich stark gemacht! Ich hab gern gearbeitet und arbeite nach wie vor gerne! Herausforderungen sind da, um sie anzugehen. Ich glaub auch, dass wir Menschen auf der Welt sind, um unsere Arbeiten zu bewerkstelligen, die Berufungen zu finden und sie anzugehen.“
In den 1990er-Jahren wurde der Druck auf die Kleinbäuer:innen immer größer. Die 35 Hektar Getreide und Zuckerrübenanbau haben auch für die Familie Pegler nicht mehr ausgereicht, um wirtschaftlich über die Runden zu kommen. Damit es sich finanziell ausgeht, wurden viele Betriebe gezwungen, immer mehr Flächen zu bewirtschaften. Da wollten Frau und Herr Pegler nicht mehr mitspielen! Und so begann 1997 der Umstieg auf Weinbau.
„Der Anfang war schwer“
„Mit wenig Erfahrung haben wir 1999 den ersten Heurigen aufgemacht. Der Erfolg war mäßig und unser Wein kam nicht wirklich gut an. Da ist unser Ehrgeiz entstanden, es richtig zu machen! Mein Mann hat sich ins Zeug gelegt, hat fünf Jahre lang bei Weinspezialisten gearbeitet und wir haben gemeinsam viel gelernt.“ Der Weinbau ist zeitintensiv, aber bietet auch mehr Selbstbestimmung und bessere Eigenvermarktung für die Betriebe. Ein guter Wein will das ganze Jahr gepflegt werden, da gibt es auch im Winter genug zu tun, eine regelmäßige 60-Stunden-Woche ist üblich. Und zum Wochenende wird der Wein verkauft. Aber das Ergebnis ist eine wunderbare Qualität, das macht Freude!
Heute gibt es immer mehr Frauen, speziell im Weinbau, die nach Vorn preschen, einen Betrieb übernehmen und sich super präsentieren. Viele haben gute Ausbildungen, wissen genau über Anbau, Böden, und alles was eine Landwirtschaft ausmacht, Bescheid. Und sie sind auch gute Managerinnen, können sich gut vermarkten und wissen was sie wollen! Da hat sich in den letzten 15 Jahren sehr viel verändert, und Gerti Pegler freut sich über junge starke Botschafterinnen des Weinbaus. Auch ihre Tochter hat begonnen, sich mit dem elterlichen Betrieb zu beschäftigen, studiert in einer Abendschule den Weinbau und wird den Bio-Weinbetrieb ihrer Eltern eines Tages mit ihrem Mann, der ebenfalls Landwirt ist, übernehmen.
Bio-Verantwortung
Warum der Weinbetrieb Pegler ausschließlich Biowein anbaut, erklärt die Chefin so: „Der Bioanbau ist für mich Schöpfungsverantwortung, wenn du das kraftvolle Geben von Mutter Erde verstehst, dann kennst du auch die Notwendigkeit, mit der Natur zu arbeiten!“ Im Weingarten ist sie für die Handarbeit zuständig, beschneiden und pflegen der Weinstöcke – Gerti Pegler ist viel draußen.
Bio.Wein.Kunst.
Die vielfältige Bäuerin ist auch als Künstlerin aktiv: Sie malt Porträts, zum Beispiel von wunderschön leuchtendem Rotwein im Weinglas. Aber auch als Darstellerin spielt sie eine Rolle und gründete vor 20 Jahren mit drei Freundinnen die Kabarettgruppe „Kicher-Erbsen“. Eines ihrer Programme heißt: „Männer, Frauen und andere Katastrophen!“ Dabei geht es um das ganz normal verrückte Beziehungsleben der Menschen, auch mit viel Selbstironie, denn wirklich lustig wird es, wenn man auch über sich selbst lachen kann.
Daraus erklärt sich auch das Wort „Kunst“ gemeinsam mit „Bio“ und „Wein“, denn der Betrieb veranstaltet regelmäßig Ausstellungen, Kurse und „Kunst im Kuhstall“, wo Modeschauen mit Secondhand Kleidung präsentiert werden. Der Erlös wird für soziale Projekte gespendet. Da gibt es z. B. eine Kooperation mit dem Weltladen in Tulln, der einen regelmäßigen Verkaufsstand bei den Veranstaltungen macht, und umgekehrt spendet Frau Pegler für Weltladen Feste in Tulln ihren besten Bio Wein. Denn auch der faire Handel ist für sie ein Anliegen: „Bei den Kleinbäuer:innen des Südens in der Welt, gehts oft ums nackte Überleben! Aber auch die heimischen Bäuer:innen brauchen mehr Fairness. Kleine Betriebe sind gefährdet, und die politische Vertretung zu leise. Es gibt immer weniger Kleinbäuer:innen in Österreich, weil deren Probleme zu oft übersehen werden. Viele sind von den Förderungen abhängig, weil sie für ihre Produkte zu wenig Geld bekommen. Das wird ein immer größeres Problem bei Milch, Gemüse, Getreide, … – beim Wein gibt es zum Glück noch den größten Spielraum.“
Wie die Klimakrise den Weinbau gefährdet
Auch im Weinviertel wirkt sich der Klimawandel immer spürbarer aus! Die Wetterkapriolen sind in den letzten Jahren intensiver geworden, es regnet zwei Monate gar nicht, dann hört es zwei Monate scheinbar nicht mehr auf. Der Hagel wird extremer, die Schäden werden immer mehr! Stürme werden stärker und kommen viel öfter vor, all das ist auch im typisch niederösterreichischen Weinort ein großes Thema.
Im Weinbau wirkt sich der Klimawandel einerseits so aus, dass plötzlich für Rotwein gute Bedingungen herrschen. Die Weine werden allgemein gehaltvoller, die Weinlese beginnt um Wochen früher, aber so wie viele Bäuer:innen sind auch die Weinbäuer:innen von Hagelschäden betroffen. Da kann mit einem Schlag alles zunichtegemacht werden. Frau Pegler erzählt, dass es in ihrer Region immer mehr Betriebe gibt, wo für ein ganzes Jahr die komplette Ernte ausgefallen ist, weil der Hagel alles zerstört hat.
Zukunftswunsch
Sie glaubt an Herzensbildung: „Wir Menschen haben einen freien Willen bekommen. Was wir unseren Kindern vermitteln, werden diese weitertragen. Die Mutter Erde zeigt uns, dass wir auf Kleinigkeiten achten dürfen und ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Geben und Nehmen schaffen sollen. Nichts wird durch Beklagen besser, alles verbessert sich, wenn wir sorgsam und bewusst handeln.“
Dieses Bewusstsein wünscht sich Gerti Pegler für die Zukunft!
von Thomas Wackerlig, Berater für FAIRTRADE Gemeinden in NÖ