Wie hängen die UN-Nachhaltigkeitsziele mit Bodenschutz in Niederösterreich zusammen? Anhand des Querschnittsthema Boden haben wir bei drei Tagungen globale und lokale Aspekte für eine nachhaltige Bodennutzung herausgearbeitet. Aufgrund der Corona-Pandemie wurden alle Tagungen per Livestream in die Wohnzimmer und Büros der Teilnehmer*innen übertragen. Live aus den wunderschönen Orten Krems, Mistelbach und Ober-Grafendorf meldeten sich insgesamt über 15 Expert*innen aus Wissenschaft und Praxis.
In den folgenden Absätzen sind wichtige Erkenntnisse der Tagungen zusammengefasst. (Anmerkung: Es handelt sich dabei nur um Blitzlichter, keine vollständige Auflistung) Wenn Sie Lust auf mehr bekommen: Alle Video-Beiträge & Präsentationsunterlagen stehen für Sie auf unserer Website im Menüpunkt “Events” zur Verfügung.
Raumordnung ist komplex und wirkt langfristig (Rückblick)
- Wie komplex das Thema ist, wurde schon bei der ersten Tagung mit dem Schwerpunktthema Raumordnung klar. “Wir müssen Entwicklung in allen Bereichen ermöglichen, ohne dabei auf die Grundlage des ökologischen Gleichgewichts zu vergessen.” so Landtagsabgeordneter Josef Edlinger.
- Die Raumordnung hat vielfältige Ziele, daraus resultieren jedoch auch Zielkonflikte.
- Langfristiges und generationenübergreifendes Denken sind bei der Umsetzung der Raumordnung zwei wesentliche Aspekte”. Denn getroffene Entscheidungen (wie bspw. Siedlungswidmungen oder der Bau einer Autobahn) wirken über Jahrzehnte hinaus.
- Themen wie Abfalltrennung und Energiesparen sind in der Gesellschaft mittlerweile gut angekommen, beim Thema Bodenreduzierung braucht es allerdings noch mehr Bewusstseinsbildung. Es braucht ein gemeinsames Bild von der Dringlichkeit, die endliche Ressource Boden zu schützen.
- Es gibt kaum Aktivitäten die nicht mit Bodenverbrauch verbunden sind, sei es ganz selbst erklärend im Bereich Wohnen oder bei der Mobilität. Aber auch die Forcierung der Digitalisierung führt dazu das großflächige Speicheranlagen gebaut und dadurch Boden versiegelt wird. Weiters kann es auch durch die Änderung unserer Ansprüche zu einer Zunahme des Bodensverbrauchs kommen. Das sieht man bspw. an der Zahl der Wohnnutzfläche, die sich in den letzten Jahren verdoppelt hat (von 24m2 pro Kopf auf 48m2).
- Die Innen- VOR Außenentwicklug, bspw. durch Reduzierung von Bauten im Grünland ist ein wesentlicher Hebel, um den Bodenverbrauch zu reduzieren. Dabei spielt auch die Attraktivierung der Ortskerne eine wesentliche Rolle.
- Leerstands-Erhebungen und bundesweite Kooperationen zu diesem Thema, können weitere Puzzlesteine zur Lösung sein.
- Auch auf regionaler Ebene – zwischen den Gemeinden und Städten – braucht es verstärkte Kooperationen bei raumplanerischen Entscheidungen. Als Beispiel wurde die Kooperation zwischen Gemeinden im Zusammenhang mit der gemeinsamen Festlegung von Bauflächen-Obergrenzen genannt.
- Grüne Infrastruktur wird in Städten durch die Klimakrise immer mehr an Bedeutung gewinnen.
Ein gesunder Boden führt zu gesunder Ernährung (Rückblick)
- Auch Gemeinden können durch verschiedene Maßnahmen forcieren, dass regionale Lebensmittel einen höheren Stellenwert bei der Bevölkerung erhalten, sei es durch Bürger*innengärten, Gemeinschaftsbeete oder öffentliche Naschhecken.
- Alfred Grand erklärt den Zusammenhang zwischen gesundem Boden und gesundem Essen ganz einfach: “Im Boden wirkt Kompost wie ein Apfel und Mineraldünger wie Fast Food: Ein gesunder Boden führt zu gesunden Pflanzen, diese erzeugen gesunde Lebensmittel, welche wiederum die Gesundheit der Menschen fördern.” Bei einem hochwertigen, gesunden Boden mit entsprechendem Bodenleben, kann die Pflanze durch die Wurzeln viel mehr aufnehmen, seien es Vitamine oder Nährstoffe, die dann in unseren Nahrungsmitteln eingelagert werden.
- Durch regenerative Landwirtschaft können wir dem Boden wieder seine Produktivität zurückgeben. Ein Beispiel dafür ist “Market Gardening”: Das Konzept beruht auf der effizienten Nutzung von kleinen Flächen mittels Handarbeit und einfach mechanisierten Geräten bei Anwendung von regenerativen Methoden, wie Mulchen und das Verwenden von Kompost. Ziele sind hohe Flächenerträge und eine große Vielfalt an hochwertigem Bio-Gemüse. Dieses soll regional vermarktet werden ohne, dass die Böden Schaden erlangen. Die Böden sollen sogar an Produktivität zunehmen und Bodengesundheit soll sich verbessern.
- Problem Trockenheit: Bis 2100 wird lt. Wissenschaft erwartet, dass die Mengen an Jahresniederschlägen ungefähr gleich bleibt, jedoch die Hitzetage (Tage mit über 30 Grad) massiv zunehmen werden.
- Es wird (vor allem im Osten Österreichs) eine Verschiebung der Niederschläge vom Sommer- ins Winterhalbjahr erwartet und sommerliche Starkregenereignisse werden zunehmen. Schwankungen bei den Sommer-Niederschlägen, Verschiebung von Schnee zu Regen, mehr Verdunstung, Verlängerung der Vegetationsperioden und dadurch früherer Beginn des Wasserentzugs durch die Wurzeln – sind weitere Aspekte.
- Ein lockerer, gesunder und humusreicher Boden ist essentiell für einen Schutz gegenüber Trockenheit und Hitze, da er das Wasser besser speichern und es somit den Pflanzen länger zur Verfügung stellen kann und auch Niederschläge mit hoher Intensität können besser in den Boden eindringen anstatt an der Oberfläche abzufließen.
- Die Klimakrise wirkt sich auf die Ernährungsproduktion aus. Aktuelle Problemfelder sind der Borkenkäfer oder auch die Drahtwürmer (welche die Wurzeln der Erdäpfel angreifen und somit den Ernteertrag stark reduziert). Die langen Trockenperioden schwächen die Pflanzen und machen es den Schädlingen leicht, sich schneller auszubreiten. Ein gesunder Boden stärkt das “Immunsystem” der Pflanze und reduziert die Gefahr von Schädlingen.
- Ein schonender Umgang mit dem Boden, Vermeidung von Bodenversiegelung bzw. Entsiegelung ist aktiver Klimaschutz. Auch global gesehen ist das wesentlich, denn ein gesunder Boden hat einen höheren Humusgehalt und speichert mehr CO2.
- Aufgrund der Corona-Pandemie und der Klimakrise ist das Interesse an regionalen Produkten und Selbstversorgung gestiegen. Landwirte können diesem gestärkten Interesse durch Direktvermarktung, Bauernmärkte, Selbstbedienungsläden, Gemüsekisten oder auch dem Konzept der solidarischen Landwirtschaft mitwirken. Die Konsument*innen natürlich auch, indem sie diese Wege der Lebensmittelbeschaffung bevorzugen.
- Nachhaltige Ernährung bedeutet mit der Saison zu gehen, regional zu konsumieren, sowie biologische und fair gehandelte Produkte zu bevorzugen.
- Wie komme ich im eigenen Garten ohne Pestizide aus? Die Antwort ist Vielfalt, denn darin findet sich die ökologische Stabilität.
Landwirtschaft im Klimawandel (Rückblick)
- Eine wichtige Frage in der Landwirtschaft ist: Wo gibt es produktive Flächen und wie können wir diese langfristig nutzen? Die AGES hat dafür eine österreichweite Bodenkarte erarbeitet. Diese wäre eine wichtige Grundlage bei raumplanerischen Überlegungen.
- Landwirte spüren die Auswirkungen durch den Klimawandel sehr rasch. Denn durch Starkregenereignisse oder Winderosionen kann das Erdreich abgetragen werden. Dafür braucht es Erosionsschutzmaßnahmen.
- Begrünungsmaßnahmen oder Heckenschutzanlagen tragen dazu bei, den Boden zu lockern und das Abtragen der humusreichen Erdoberfläche zu verhindern. Dadurch kann der wertvolle Boden im Acker erhalten bleiben.
- Auch das Thema Trockenheit ist in der Landwirtschaft groß. (siehe oben) Durch eine verbesserte Bodenstruktur kann der Boden Wasser wie ein Schwamm speichern. Trockenperioden können dadurch besser abgefedert werden.
- Die Digitalisierung in der Landwirtschaft kann bspw. durch die GPS-Technik helfen, die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten, denn Fruchtfolgen und Begründungsmaßnahmen können zielgerichteter ausgebracht werden.
- Der Verein Boden.Leben vereint Landwirte aus verschiedenen Betriebssparten. Der Verein hat sich das Ziel gesetzt die Aufmerksamkeit auf das Thema Boden zu lenken und die Böden fit für die Zukunft zu machen. Erfahrungsaustausch ist dabei ein wesentliches Hilfsmittel.
- Agroforstwirtschaft bezeichnet ein landwirtschaftliches System, bei dem mehrjährige Hölzer oder Bäume wie auch einjährige landwirtschaftliche Nutzpflanzen auf derselben Fläche integriert werden.
- Das Thema Versorgungsgrad hat gerade durch Covid19 wieder an Bedeutung gewonnen. Hier können die Konsumenten einen wesentlichen Beitrag leisten, indem Sie heimische Lebensmittel bevorzugen und dadurch die regionale Wertschöpfung stärken,
Wie bei den SDGs gibt es auch beim Thema Boden kein schwarz/weiß denken. Alle Beteiligten an einem Tisch bringen und gemeinsam an Lösungen zu arbeiten, war bei allen drei Veranstaltungen ein großer Wunsch.
Wir bedanken uns an dieser Stelle nochmals recht herzlich bei allen Referent*innen und die Veranstaltungs-Gemeinden Krems, Mistelbach und Ober-Grafendorf. Natürlich geht auch ein großer Dank an MGL-Video, die zu einer reibungslosen Live-Übertragung beigetragen haben.